Tag Archives: 2006

Neue Videos: “Droste” und “Catwalk”

Catwalk thumbnail
Endlich gibt es einen Video-Zusammenschnitt vom Madness & Arts Catwalk und einen Trailer für das Droste-Projekt “Aber ich entschwand”.

Die beiden Videos sind den Artikeln hinzugefügt. Sie liegen auf youtube.com im H.264 Format, um die áœbertragungsrate dieser Site etwas zu schonen.

Orpheus Audio Splatter

Page0 3 David Moss in einem Musiktheatermonolog von Andreas Tiedemann. Mit Audiodesign von Kai Niggemann.

Eine Kammeroper über den Mythos von der Macht der Musik.
Am Anfang war der Klang – Tiedemann, der sich in seinen Arbeiten den Erlebniswelten des Klangs verschrieben hat, war schon lange fasziniert von der sehr eigenen, unverwechselbaren Stimmkunst des David Moss.
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Zurück nicht wende den Blick von Christoph Jilo

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Zurück nicht wende den Blick
von Christoph Jilo

Unter anderem mit elektronischer Live-Musik von Kai Niggemann…

Installation
Eine Installation auf dem Gießener Kirchenplatz aus Tanz, Video und Klang: Ein Tänzer und eine Tänzerin verbringen 72 Stunden in zwei Plexiglaskuben, die mit zwei weiteren gegenüberliegenden Projektionsflächen ein Quadrat bilden. Diese Einheit ist umgeben von Klang, der aus Kanalschächten aus dem Untergrund an die Oberfläche steigt.

Christoph Jilo inszeniert mit seinem dreitägigen Triptychon den Mythos von Orpheus und Eurydike. Die ersten beiden Tage der Installation stehen für die Seitentafeln des Triptychons, das hier zeitlich aufgefasst wird. Sie stellen die Phantasieräume Unter- und Oberwelt im Spiel mit Tag und Nacht gegenüber. Der abschließende „Mittelteil“ spürt dem tragischen Blick nach, der anstatt Eurydikes Erlösung ihren erneuten Tod bringt.

An den ersten beiden Tagen bewohnen die ausgestellten Personen ihre Plexiglaskuben. Sie sind ausgestellt als zwei voneinander getrennte Körper. Die beiden Seitentafel-Tage behandeln die Oberwelt und die Unterwelt. Es geht um Vorstellungen, Phantasien, Geist. Die Körper sind daran unbeteiligt und manifestieren in diesem Kontext ihre Trennung voneinander.
Der dritte Mittelteil-Tag schließlich folgt einem anderen Prinzip und wendet sich dem Kern zu: dem Kampf des Liebespaares um seine Rettung. Die Videobilder thematisieren den Blick: Zahlreiche Augenpaare schauen den Besucher an, blinzeln, schließen die Augen, wenden sich ab, wenden sich um. Der Blick der Zuschauer wird selbst zum Thema.

Jetzt erwachen die Körper der Tänzer und sie nehmen angesichts der unmittelbar bevorstehenden Vereinigung Bezug aufeinander. Es ist eine Begierde, die nicht erfüllt wird. In ihrer Bewegung aufeinander zu wird die räumliche Trennung umso deutlicher. Ihr Tanz ist erfüllt von Hoffen und Furcht, Liebe und Verzweiflung. Eine Liebe, die versucht, sich den áœbermächten des Lebens entgegenzustellen – was für eine Romanze!

Während die ersten beiden Tage von einer untergründigen, eher unbewegten Spannung getragen werden, die vor allem in der Faszination der ausgestellten Körper besteht, bringt der dritte Tag eine unerwartete Dynamik und Körperlichkeit ins Spiel.

Dazu treten Videobilder. Am ersten Tag ist ihr Thema die Oberwelt: Naturbilder, Hochzeitsimpressionen werden konterkariert vom Bild der Schlange – auch ein biblisches Motiv -, die sich anschickt, die Wunschwelt zu zerstören. Der zweite Seitentafel-Tag beleuchtet die Unterwelt.
Die Projektionen treten dabei in eine Wechselwirkung mit Klangzuspielungen aus Kanalschächten, entsprechend den Lichtverhältnissen von Tag und Nacht. Denn während sie tagsüber vom Sonnenlicht überstrahlt werden, bringt erst die Dunkelheit die Bilder hervor und lässt den Ton verstummen – er ist jetzt über Kopfhörer direkt in der Installation zu hören, die auch die Darsteller tragen. Umgekehrt lässt das aufkommende Sonnenlicht die Bilder wieder verschwinden und die Gullys singen. Das Theater ist der öffentliche Raum. Seine Lichtverhältnisse werden so Bestandteil der Inszenierung.

Das zentrale formale Element des Projektes ist, einen Raum, der normalerweise durch Alltag definiert ist, künstlerisch umzudeuten. Durch die in den Plexiglaskuben nahezu ausgestellten Darsteller wird die Funktion der Innenstadtfläche umgekehrt: Die Individuen werden in ihrem Alleinsein sichtbar und öffentlich, der öffentliche Raum wird zum Ort für innere Abgeschiedenheit. Zusätzlich wird die sonst verborgene Kanalisation zum Klangraum umgestaltet und die Vorstellung von “unten” sinnlich erfahrbar.
Der besondere Reiz der Gießener Aufführungsstätte liegt darin, dass der Kirchenplatz auf dem Grundriss der im Krieg zerstörten Stadtkirche situiert ist, von der nur noch der Turm steht. Das zeitliche Triptychon als Ausdruck für eine quasireligiöse Liebe, die die Möglichkeiten des gewohnt Erfahrbaren übersteigt, steht somit auch räumlich in seinem ursprünglichen, jedoch zerstörten Kontext
Ziel der Aufführung ist es, die Wahrnehmung des Gewohnten zu irritieren, die Erfahrung von Realität dadurch als fragil zu erleben und in diesem flüchtigen wie überraschenden Moment eine Auseinandersetzung mit anthropologischen Grundlagen anzustoßen: Liebe, Tod, Verlassensein, Trauer, Begehren, Trennung.

Besetzung
Konzept, Klang, künstler. Leitung: Christoph Jilo
Choreographie: Tarek Assam
Film & Videoinstallation: Stéphane Bittoun
Produktionsleitung: Manuela Weichenrieder
Musik: Kai NIggemann (u.a.)

[tags]2006, Ohrpilot, Kirchplatz Gießen, Tanz, [/tags]

Am anderen Ende ist der Himmel von Theater Sycorax

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Am anderen Ende ist der Himmel (2006)
Premiere am 3. Mai 2006 beim madness & arts worldfestival II
13 Menschen “üben die Welt” und laufen um ihr Leben.

Das Stück
Ist es ein Trainingscamp oder einfach unser aller Agenda? Um einen Erfolgszipfel zu erheischen, sind sie zu allem bereit. Programmiert ist das Coaching für den “Lebenskampf”, die Zeit läuft und Wichtigsein und Wichtigtun wollen gründlich geübt sein. Um im Leben bestehen zu können, muss man mit allen Wassern gewaschen sein ‑ und von allen Engeln verlassen? Mit elementarer Wucht bis zur Erschöpfung wird das Leben ins Visier genommen, Showdown in Western‑Manier und keiner wirft die Flinte ins Korn.

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Aber unter dem Eis tickt noch was; sind die Träume und Wünsche wirklich den Kinderherzen entwachsen? /Ich schreie bis mich einer umarmt und die Hoffnung, dass ein Engel meinen Rücken wärmt, lass ich nicht fliegen./ Mag die Welt auch geteilt scheinen zwischen Erfolgszwang, Funktionieren und der Hoffnung, dass es noch etwas anderes gibt, die Wirklichkeit ist nicht teilbar. Dem Himmel sei Dank und Engel gibt es überall …

Ich lege die Maske ab und besah mich im Spiegel.
Wieder war ich Kind von einst.
Ich hatte mich nicht verändert…
Das ist der Vorteil, wenn man die Maske ablegen kann.
Man ist immer Kind
und in der Vergangenheit,
die das Kind erlebte.
Ich legte die Maske ab und setzte sie wieder auf.
So ist es besser,
so ohne Maske.
Ich kehre zurück zur Persönlichkeit wie zur Endstation.

Ferando Pessoa (álvaro de Campos)

Presse:

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Wem das nicht zu Herzen geht, der hat wohl keines. 13 Menschen ringen und reißen sich zusammen stellvertretend für das Publikum. Denn wer in der westlichen Leistungsgesellschaft lebt, weiß um die Hetz und Hast des Lebens. Und in den wenigen stillen Minuten keimt ein kleiner Glaube auf: Am anderen Ende ist der Himmel…. Das Theater Sycorax zeigt ein starkes Stück Himmel, das zu Herzen geht.
Westfälische Nachrichten

Es spielen:
Andreas Bäumer
Andreas Balke
Johannes Bayer
Alexandra Brink
Gerrit Hübner
Mechtild Klockenbusch
Ulrike Laubrock
Daniela Platz
Annerose Schäfer
Konrad Schönberger
Guido Terbaum
Alexander Wiedey
Anja Wilhelms

Künstlerische Leitung: Paula Artkamp, Manfred Kerklau
Regieassistenz: Marcell Lehnert
Textfassung: Paula Artkamp
Raum: Hans Salomon
Kostüme: Bettina Zumdick
Maske: Sabine Schubert
Lichtdesign: Volker Sippel
Musikauswahl: Paula Artkamp, Manfred Kerklau
Bearbeitung der Texteinspielungen: Kai Niggemann
Öffentlichkeitsarbeit: Rita Roring

Dank an Sebastian Otto, Frank Zöllner und Hannah Pelny
Dieses Projekt wurde unterstützt von: Kulturamt der Stadt Münster, Theater im Pumpenhaus, Gesellschaft der Musik- und Theaterfreunde Münster und des Münsterlandes e.V.

[tags]Theater Sycorax, Theater im Pumpenhaus, 2006, Uraufführung, Madness & Arts Festival[/tags]